EPCOTs World Showcase und die verlorenen Weltkulturerbe – Teil 2
19.05.25, 09:00 |

Der World Showcase in Epcot besteht heutzutage aus elf Ländern, die wir bei unserem Besuch sehen und bestaunen können. Einst waren aber tatsächlich wesentlich mehr Länderpavillons vorgesehen. Nachdem ich Euch in Teil 1 dieses Artikels bereits einiges über die Idee für das World Showcase erzählt habe, möchte ich jetzt gemeinsam mit Euch etwas tiefer in die Arbeit des Disney Imagineerings eintauchen. Findet heraus, welche Pavillons ursprünglich einmal für das World Showcase vorgesehen waren – und wieso es letztlich nie zu einer Umsetzung mancher Ideen kam.
Von Savannen und Wasserfällen – nie gebaute Pavillons
Wir beginnen am besten bei den Ländern, die es gar nicht auf der Karte des World Showcase gibt. Anschließend arbeiten wir uns nach und nach zu den möglichen Attraktionen für die fertig gestellten Pavillons vor. Über welche Länder wurde denn bereits viel bekannt? Das waren (Äquatorial-)Afrika, Costa Rica, Russland (aka Sowjetunion) und die Schweiz. Ich gehe diese Länder am liebsten alphabetisch durch. So gibt es keine Frage, ob ich das eine oder andere Land bevorzuge, weil es zuerst steht. Nein, da bleibe ich neutral. Ich hätte gerne ALLE der prognostizierten Länder gesehen.
Ein afrikanischer Länderpavillon im World Showcase?
Afrika, oder auch Äquatorialafrika, laut der Unterlagen, sollte mehrere Länder des Kontinents zusammenführen und repräsentieren. Das Herzstück bildete ein riesiges Baumhaus, von dem aus Besucher auf ein projiziertes abendliches Wasserloch mit allerlei Tieren, die typischerweise mit den afrikanischen Savannen in Verbindung gebracht werden wie Elefanten (die mit den großen Ohren, die anderen sind indische Elefanten), Gnus, Zebras, Gazellen, Giraffen, Nashörner und viele mehr. Über Lautsprecher wurde eine typische Geräuschkulisse simuliert, sodass man sich wie auf Safari fühlen konnte.


Dann kamen noch zwei Theater für die Filme „Heartbeat of Africa“ und „Africa Resdiscovered“ hinzu. Der erstgenannte Film war wie eine Reisedokumentation gedacht. Er sollte die Landschaft und die Leute des Kontinents zeigen und dem Publikum näherbringen.
Der zweite Film, “Africa Resdiscovered”, behandelt die Geschichte Afrikas von unseren Urahnen bis heute. Dieser Film sollte sogar die traumatisierenden Geschehnisse, während derer die Bürger des Kontinents als Sklaven verschleppt wurden, behandeln. Den Film moderieren sollte Alex Haley, Autor des Buchs „Roots“ (und Niederschreiber der Malcom-X-Autobiografie). Er war auch in der Sendung zur Eröffnung EPCOTs zu sehen. Dort erklärte er dem Moderator, Danny Kaye, dass der Pavillon für Afrika innerhalb eines Jahres danach für Besucher zugänglich sein werde. Anscheinend waren die Aufnahmen für beide Filme bereits abgeschlossen, und liegen wohl in den Archiven der Disney Company.
Geplante Attraktionen im Afrika-Pavillon
Zu guter Letzt waren auch eine Safari mit echten Tieren zum Durchlaufen angedacht, ein Museum mit historischen Kunstwerken sowie die Nachbildung eines typischen afrikanischen Dorfs mit Darbietungen traditioneller Tänze und anderer Live Performances. Wenn ich mir die letzten Zeilen so durchlese und mir bei dem Begriff „typisches afrikanisches Dorf“ an den Kopf fasse, weil es sicherlich nicht das EINE typische Dorf geben kann, erklärt sich ziemlich schnell, wie das Gerücht in Umlauf kam, dass sich die angesprochenen Länderchefs nicht auf einen gemeinsamen Nenner bei dem Pavillon einigen konnten.

Angeblich wollten sie alle ihre eigenen Besonderheiten darstellen, anstatt zu einem, ich nenne es mal Klischee-Brei, einzudampfen. Verständlich aus heutiger Sicht! Bei einem kompletten Kontinent ist das natürlich weitaus dramatischer als bei Deutschland, das zumindest architektonisch nicht nur aus Bayern besteht. Doch das ist nur eine Legende, und eine gut erzählbare Geschichte. Die Wahrheit liegt, wie immer, an geringen Budgets der Behörden und zu wenigen Sponsoren aus der Privatwirtschaft, die sich zusätzliche Gelder hätten beitragen können.
Aus dem Afrika-Pavillon wird Harambe im Animal Kingdom
Außerdem nahmen die Imagineers die Idee in den späten Neunzigern wieder auf, um mit Reisen durch den Kontinent ganz viele Eindrücke von dort in dem fiktionalen Dorf „Harambe“ für den Afrika-Bereich des Animal Kingdom aufleben zu lassen. In EPCOT hingegen steht anstatt des gemeinsamen Pavillons noch heute ein als temporär geplanter Lückenfüller im Form eines Erfrischungsstandes und eines Kunstwerk-Handels. Daran wird sich wohl auch vorerst nichts ändern.
Ein Costa Rica-Pavillon
Der Pavillon für Costa Rica war ohne eigene Attraktion geplant. Er sollte sich aber insofern abheben, dass er neben den üblichen Restaurants und Souvenirläden einen wunderschönen, grün-saftigen tropischen Garten bekommen sollte, in dem auch ein riesiges Vogel-Gehege geplant war. Die zweite und letzte Örtlichkeit nach dem Afrika-Bereich mit extra dafür eingekauften Tieren als lebende Exponate (ich wollte eigentlich nur „mit lebenden Tieren“ schreiben, doch dann erinnerte ich mich an all die Themenpark-Haustiere, wie Reiher, Enten, Eichhörnchen, etc., welche auch am Leben sind, und dort wohnen).


Kasatschok tanzend zum Käsefondue
Weiter zu Mütterchen Russland und die Wunder,welche uns dort präsentiert werden sollen. Begrüßt wurden die Gäste mit den bekannten Zwiebeltürmen der Basiliuskathedrale am roten Platz. Dahinter breitet sich ein russisches Dorf aus, das die verschiedenen regionalen Architekturen des größten Landes der Welt zusammenbringt.
Die größte und schillerndste Attraktion des Bereichs sollte die Show „Russia – Bells Of Change“ sein. Diese Show hätte sich der Geschichte Russlands vom Großfürstentum Kiewer Rus bis zur damals aktuellen Russischen Föderation gewidmet.
Diese vielfältige Geschichte begleitet ein Live-Moderator, während die Szenen mittels Filmaufnahmen und Audio-Animatronics dargestellt werden. Das Theater, in dem die Aufführung stattgefunden hätte, verfügte im Modell über eine Reihe von großen Glocken, die unter der Decke oberhalb der Bühne angebracht waren. Achthundert Menschen könnten hier Platz nehmen, sofern es denn gebaut worden wäre.
Zusätzlich zu dieser epochalen Show gesellte sich eine vergnügliche Bootsfahrt durch die slawische Märchenwelt: „Ivan and the magic Pike“. Als Einstieg dient eine Szene aus „Der Dumme Ivan“, in welcher der junge Bauernsohn einen goldenen Fisch aus einem Fluss angelt, der ihn auf eine Reise durch die mittelalterlichen Geschichten mitnimmt.
Weiterhin gäbe es im Russland-Pavillon wie überall die Möglichkeit zu speisen, shoppen und Straßenkünstlern beim traditionellen Tanz und anderen Darbietungen zuzusehen. Noch schöner können es nur die Werbeleute von Disney selbst beschreiben, in dem Video unten. Ich habe mir erlaubt, den ganzen Werbesprech über die Schönheit Floridas und der visionären Vorstellungskraft Walt Disneys zu überspringen und direkt zum Punkt zu kommen. Wenn Ihr das Video von Beginn an sehen wollte, spult gerne zurück auf Null:
Von Russland in die Schweiz
Nun gelangen wir zum Land der der präzisen Uhrwerke und den Appenzellers: Die Schweiz. Dieser Pavillon war vor allem der Liebe Walt Disneys zum Zermatt und dem Matterhorn geschuldet. Bot er damit auch gleichzeitig die Möglichkeit eine bereits im Westen der USA erfolgreiche Achterbahn nachzubauen. Die „Matterhorn Bobsleds“ sollten hier ebenfalls einen Platz finden. Allerdings wie bei Disney üblich, nicht als 1:1-Kopie, sondern mit kleinen Veränderungen an den Story-Elementen und dem Ablauf der Fahrt.

Schon für die Attraktion im Disneyland hatten die Imagineers geplant, ein winziges Schweizer Dorf anzusiedeln, doch wegen des Platzmangels und Budget-Kürzungen wurde diese Idee verworfen. Jetzt konnte sie wieder auferstehen und sogar noch prächtiger ausgeführt werden als für Anaheim entworfen.
Es gab auch zwei unterschiedliche Herangehensweisen an die Bobfahrt, je nachdem wie viel Geld von den Sponsoren gegeben würde. Die günstigere Variante hätte das Matterhorn in eine Art Space Mountain verwandelt, wobei ein Großteil der Fahrt in absoluter Dunkelheit verbracht würde, um in einem Lawinen-Finale nur knapp den heran nahenden Schneemassen zu entkommen. Die andere Variante sollte viel ausführlicher und ausgeschmückter sein. Kurzer Abriss gefällig?
Bobfahren auch im Osten der USA
Wir, die vorbehaltlosen Besucher wandern zum Matterhorn, dort stoßen wir auf eine geheime Trainingsanlage für angehende Bobschlitten-Olympioniken. Dort gehen wir durch eine unauffällige Holzhütte, nur um durch einen geheimen Gang in den Berg geleitet zu werden. Wir passieren Höhlengänge mit eisigen Wasseransammlungen und gelangen an Lagerstätten für die sportlichen Geräte vorbei zu einem lawinengesicherten Holzweg, der uns aus den Höhlen den Berg weiter hinauf bringt. Getarnt durch eine weitere Berghütte, betreten wir nun die hochtechnologische Kommandozentrale, mit ausgeklügelten Abfahrtsplänen und Analyse-Bildschirmen. Dort befindet sich dann auch die Einstiegsplattform für die Schlitten. Jetzt geht die Fahrt los.
Nun geht es durch leuchtende Eishöhlen, an deren gefrorenen Eiszapfen sich unser Schweinwerferlicht in allen Farben des natürlichen Spektrums bricht. Einmal sieht es so aus, als würden wir noch mal mit einem anderen Gefährt zusammenstoßen. Doch auch hier biegen wir rechtzeitig ab, um dem Unfall zu entgehen. Danach fahren wir wieder kreuz und quer durch die Höhlen. Entkommen einer abbrechenden Schneedecke, fahren unterhalb einer Art Brücke durch, auf welcher sich ein nachfolgender Schlitten befinden kann, und sehen uns umringt von Wasserfällen, die durch Löcher in der Bergwand in die Höhlen hinabstürzen. Nach all den abenteuerlichen Erlebnissen kommen wir natürlich mit Bestzeit zurück an die Kommandozentrale. Dort entsteigen wir mit wackeligen Beinen dem Schlitten.
Das war der Schweizer Pavillon, der wie jeder andere Pavillon auch über Restaurants und Shoppingmöglichkeiten verfügen sollte.
Einst geplante, aber nie gebaute Attraktionen
Was jedoch sehr wohl zu erwähnen ist, sind die nicht gebauten Attraktionen in einigen der heute existierenden Länderbereichen des World Showcase. Nämlich die „Rhine River Cruise“ in Deutschland, die Gondel-Fahrt sowie Ruinen-Begehung in Italien, die Show „Meet the World“, der Simulator in einem Shinkansen und der Achterbahn im Berg Fuji in Japan und zu guter Letzt die Bootsfahrt auf der Themse sowie die Audio-Animatronic-Show auf Basis von Dickens „A Christmas Carol“ im Pavillon des Vereinigten Königreichs.
Eine lustige Rheinfahrt zu römischen Ruinen im deutschen Pavillon
Beginnen wir dieses Mal doch ganz selbstlos mit unserem eigenen Land und der schönen Flussfahrt auf dem Rhein, beziehungsweise nicht nur auf dem Rhein, sondern auch auf anderen bekannten Flüssen wie der Tauber, damit man das weltweit bekannte Rothenburg ob der Tauber in Szene setzen konnte, der Ruhr und der Isar. Die Fahrt wäre anders als bei den restlichen Bootsfahrten mit Sitzreihen ausgestattet, die nur nach der rechten Seite (oder Steuerbord, wie es in korrekter Seefahrer-Sprache heißt) ausgerichtet wurden. So konnten die Imagineers genau kontrollieren, was die Gäste sehen und was nicht.
Die Strecke der Rhine River Cruise
Anhand der oben genannten Flüsse können wir uns schon ausmalen, welche Szenen uns auf dem Weg durch Deutschland begleitet hätten. Rothenburg habe ich wegen der Tauber schon erwähnt, dann am Rhein auf jeden Fall ein Blick auf den Kölner Dom und die Weinregion im Rheinhessischen Raum. Die Ruhr hätte uns sicherlich an die Kohleöfen und Steinkohlereviere der Städte Bochum, Essen, Gelsenkirchen und Dortmund gebracht und mit der Isar wären wir dann im Bayrischen gelandet. Vorbei am Oktoberfest in München bis zum Schloss Neuschwanstein, das Modell für das Cinderella-Schloss im Magic Kingdom nebenan stand.

Gerüchten zufolge sei das Projekt bei Disney schon soweit gediehen, dass das Gebäude für die Attraktion fertig gebaut wäre. Doch das stimmt nicht. Der wichtigste Teil, nämlich der Bau für die Fahrt, war noch nicht mal angefangen. Der Rest des großen Gebäude-Komplexes war schon immer für Geschäfte und das Biergarten-Restaurant gedacht, samt anhänglicher Lager- und Pausenräume. Nur der Teil für den Ein- und Ausstieg wurden gebaut. Deshalb sieht man heute beim Betreten des Pavillons zwei Torbögen. Einen für den Eingang und den anderen für den Ausgang der Attraktion. Der Eingang wird heute von einem riesigen Wandgemälde geziert. Doch wer es weiß, erkennt sofort, dass sich dort der Eintritt zu einer aufwendigen Bootsfahrt verborgen hält.
Eine Attraktion im italienischen Pavillon des World Showcase
Wollen wir uns nun Italien ansehen? Geht auch ganz schnell, denn viel war von den beiden Attraktionen nicht bekannt. Disney wollte die Gondel-Fahrt in einem zweistöckigen Haus unterbringen, an welches das Showgebäude anschließt. Der Rest von diesem Gebäude sollte ein Restaurant werden, mit Blick auf die Gondeln. Klingt sehr nach Pirates of the Carribean in Anaheim, respektive Paris, oder die Gran Fiesta Tour im Mexiko-Bereich EPCOTs. An die Gondelfahrt anschließend, wahrscheinlich jedoch auch separat betretbar, war eine Walkthrough-Attraktion durch römische Ruinen angedacht. Welche Ruinen genau, bleiben uns verborgen. Mir würde das Forum Romanum und das Pantheon gut gefallen, und Euch? Lieber das Kolosseum oder eine Nachbildung von Pompeji?

Japan wie es singt und lacht
Weiter nach Japan, das mit drei Attraktionen das wohl Ride- und Show-lastigste aller Länder des World Showcase geworden wäre. Es gab nämlich Überlegungen zu einem Dark Ride, der zu einer Show wurde, einem Shinkansen-Simulator und einer Achterbahn. Hui. Ganz schön beeindruckend, nicht? Beginnen wir mit „Meet the World“, das sogar realisiert wurde. Allerdings nicht in EPCOT, sondern in Tokyo Disneyland. Aber der Reihe nach, was war Meet the World? Wenn wir uns eine Konzeptzeichnung des sehr frühen Stadiums des Japan-Pavillons ansehen, erkennen wir am unteren Rand einen kleinen Ausschnitt zu einem Omnimover-Dark-Ride. Dieser Ride bringt uns nach Japan, erzählt die Geschichte des Landes bis zum aktuellen Stand und zeigt uns die schönsten Ecken und Wahrzeichen.

Eine Show im japanischen Pavillon
Doch wie es so ist, wandeln sich die Vorstellungen und aus dem Ride wurde eine Show, im Stil eines Carousel of Progress, nur mit der Veränderung, dass das Publikum im Inneren des Ringes sitzt und sich die Szenen außen herum drehen. Auch hier würde die Geschichte Japans von zwei jungen Kindern begleitet, welche die Rolle der Vaterfigur aus dem Carousel of Progress übernähmen.
Das Show-Gebäude wurde sogar noch vor der Eröffnung des Parks komplett aufgebaut, doch es schlich sich ein Konstruktionsfehler ein, sodass die Showelemente gar nicht mehr in die vorgesehenen vier Wände passten. Seitdem ist das Gebäude abgeriegelt. Sogar einen Theme-Song hatte Disney bereits von den Sherman-Brothers, die Haus- und Hofkomponisten von Walt Disney seit Ende der 1950er Jahre, komponieren lassen: „We meet the world with love“. Es gibt sogar ein Demo des Liedes eingesungen von den Brüder Robert und Richard selbst:
Im Falle von Meet The World ist der Verlust in EPCOT nicht ganz so dramatisch, denn da die meisten Kulissen und Figuren bereits produziert und für den Einsatz bereit waren, wurde die Show stattdessen im Tokyo Disneyland 1983 eröffnet. Der Theme-Song der Shermans wurde kurzerhand übersetzt und für die Show in Japanisch adaptiert.
Diese Attraktion wurde also noch gerettet und an einer anderen Stelle verwendet. Es wäre auch schade darum gewesen, so weit wie sie fortgeschritten war. Doch auch im japanischen Dinseyland-Ableger war dermaleinst Schluss, denn 2002 musste Meet the World der Attraktion „Monsters Inc. Ride and Go Seek“ weichen.
Ist das der Fuji oder doch das Matterhorn?
Und was war mit den beiden anderen Attraktionen? Über den vorgeschlagenen Shinkansen-Simulator wurde nur ganz wenig bekannt, und eigentlich war es kein richtiger Ride, sondern eher eine Art „Circle Vision 360“, wie sie uns aus dem China-Pavillon bekannt ist. Möglicherweise also eine Art „Die schönsten Bahnstrecken durch Japan“ mit Bildschirmen statt Fenstern, allerdings ohne Sitzplätze.

Bei der Fujiyama-Achterahn verhielt es sich so, dass sie nach dem Matterhorn die zweite Attraktion in einem Berg hätte werden sollen. Die Nachbildung des Berges hätte auf dem ungenutzten Showgebäude von Meet The World gesetzt werden sollen, und so ähnlich funktioniert wie das Matterhorn. Über das Narrativ der Bahn konnte ich leider nicht so viel herausfinden, außer, dass uns während der Fahrt Godzilla, oder zumindest eine Godzilla ähnliche Figur begegnet wäre, falls Disney die Lizenzrechte für das Original nicht bekommen hätte. Vermutlich in der gleichen Art, wie der Yeti in Expedition Everest heute. Der Yeti ist doch noch da, oder?
Zu Beginn der 1990er wurde der Plan bekannt gegeben und nach Sponsoren gesucht. Laut Gerüchten sollte sich Fuji-Film dafür interessiert haben, aber Kodak, als langjähriger Partner von Disney und Sponsor der Attraktion Journey into Imagination sei dagegen gewesen und drohte alle Verträge umgehend zu kündigen, falls der Konkurrent den Zuschlag bekäme. Eine weitere Variante davon war, dass Kodak angeblich schon gegen die Attraktion an sich protestiert hätte, weil der Name „Fuji“ zu sehr mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht werden könne. Alles Quatsch natürlich. Die Wahrheit ist wie immer Geld. Und Disney hat während der „Disney-Dekade“ im Themenpark-Bereich umsatztechnisch ganz schön viele Federn lassen müssen. Euro Disneyland, das geht leider auf Deine Kappe.
Über die Themse zum amerikanischen Abenteuer
Jetzt ist noch Großbritannien an der Reihe. Wir sollten hier im World Showcase gleich zwei Attraktionen erhalten. Eine Audio-Animatronic-Show auf Basis der berühmten Geschichte „A Christmas Carol“ von Charles Dickens und eine weitere Bootsfahrt, dieses Mal auf der Themse. Viel gibt es auch hier nicht zu erzählen, außer dass die Besucher durch London und an dessen vorbei Wahrzeichen wie den Big Ben, den Tower of London samt zugehöriger Brücke, Westminster Abby und nicht zu vergessen, das strahlendste aller Objekte, der Buckhingham Palace gefahren wären. Aber auch hier, wie in der gesamten Geschichte der nicht gebauten Attraktionen ging Disney das Geld aus.

Dann allerdings kam im Jahr 2019 auf der D23-Expo in Anaheim eine weitere offizielle Ankündigung, den UK-Pavillon um eine Attraktion zu erweitern. Dieses Mal sollte ein Teetassen-Karussell mit Mary-Poppins-Thematisierung seinen Platz finden, inklusive des Kirschbaumwegs als Kulisse. Disney hatte den guten Dick Van Dyke dafür auf die Bühne gebracht, um diese Ankündigung vorzunehmen. Doch dann kam die Covid-19-Pandemie und damit das Aus für diese Attraktion.
Zumindest wurde Frankreich mit Remy’s Ratatouille Adventure bedacht und eine bitter notwendige, neue Attraktion in den World Showcase gebracht.
Andere Pläne für den USA-Pavillon?
Bevor ich die Geschichte des unvollständigen World Showcase beschließe, widme ich mich kurz dem Gastgeberland, den USA. Auch hier gab es eine Veränderung zum ursprünglich geplanten Bereich. Als der World Showcase das erste Mal mit Future World zum EPCOT Center zusammengefasst wurde, war die Idee, dass der Gastgeber auf der Verbindungsbrücke zwischen den beiden Welten anzutreffen sei, um als Tor zu den internationalen Gästen zu fungieren. Dieser Bereich wäre auch ganz ohne große Thematisierung ausgekommen, sondern einfach nur ein in typischer EPCOT-Center-Manier futuristisch anmutender Pavillon, der von innen dann den USA gewidmet würde.
“The American Adventure” als Dark Ride
Man könnte sich im Pavillon die Geschichte der Vereinigten Staaten ansehen und in einem Dark Ride „The American Adventure“ erleben. Tatsächlich die Show, die wir heute kennen, nur als Bootsfahrt im Dunkeln. Der erste Entwurf von Imagineer Marc Davis war dabei mit seinem typischen Humor gespickt, wie wir ihn von anderen Rides wie Haunted Mansion kennen (nicht zu verwechseln mit dem Phantom Manor in Paris, das eine geänderte und düsterere Geschichte erzählt) oder, wer es noch erlebt hat, in World of Motion.
Doch mit diesem humorigen Stück biss Davis jenes Mal auf Granit bei den Chefs, die eine gediegenere, pathetischere Annahme des Themas wünschten, also zurück an Reißbrett. Aber auch seine zweite, ernstere Variante, die nun als Theater-Show konzipiert war, nicht mehr als Dark Ride, traf nicht ganz den Geschmack seiner Vorgesetzten. Aber sie diente als Vorlage für das Erlebnis, was wir heute kennen. Also hätten die Bauarbeiten jetzt beginnen können, nicht?
Im Prinzip schon, allerdings war der Grund, auf dem die Verbindungsbrücke zwischen Future World Showcase errichtet wurde, zu sumpfig und instabil, um darauf ein solch schweres Showgebäude samt Attraktion, Shops und Restaurants zu tragen. Daher wurden die USA kurzerhand direkt gegenüber dieser Brücke zwischen Japan und Italien aufgebaut.
Das war es mit unserer Reise um die Welt
Und das, liebe Disney-Freunde, war es für jetzt zur Geschichte des World Showcase. Immer noch mit viel Platz für weitere Pavillons und Länder, die eventuell nachziehen könnten, wobei heutzutage wichtiger zu sein scheint, eine Disney-IP darin unterbringen zu können als das Land an sich mit möglichst authentischen Landschaften und charakteristischen, architektonischen Merkmalen auszustatten. Wer weiß, ob sich das wieder ändern könnte – oder, was ich tief in mir befürchte, der International World Showcase in Zukunft zu einem „Fictional World Showcase“ mutieren könnte, mit den ausgedachten Disney-Welten, die nur ansatzweise etwas mit realen Ländern zu tun haben, wie Arendelle, was bereits sanft in den Norwegen-Bereich integriert wurde. Es bleibt in jedem Fall spannend und damit bis zum nächsten Mal!